Essenskübel: Charme der DDR-Kantine

Auf eBay gibt es wunderbare Dinge, die nur jene Leute finden, die die entprechenden Begriffe eingeben. Logisch eigentlich. Essenskübel zum Beispiel. Dieses Wort ist vermutlich vom Aussterben bedroht, da es die typische DDR-Kantine nicht mehr gibt, in der der Essenskübel beheimatet war, aus dem mehr oder minder mürrisch Soljanka, Gulasch oder andere Köstlichkeiten der Ost-Cuisine gegen Papiermärkchen ausgegegen wurden. Leidenschaftslos.

Was mir an Essenskübel so gefällt, ist, das dieser in der DDR durchaus geläufige Begriff frei ist von jedweder marktwirtschaftlich geprägten Illusion. Keine marketingorientierte Verschönerung des Begriffs (man hätte ja auch Essensthermobehälter sagen können). Kein Bewusstsein von Kundenfreundlichkeit, die es ohnehin nicht gab (weil es keine Kunden im eigentlichen Sinne gab) oder der Andeutung einer Appetitlichkeit der im Kübel befindlichen Speisen. Der Kübelinhalt diente der Stärkung der Arbeiterklasse, Alternativen gab es nicht wirklich.

Mir – in der DDR aufgewachsen – schmeckte das Schulessen eigentlich ganz gut. Einmal schockierte ich den Westbesuch, als ich auf die Frage, ob mir das (von meiner lieben Mutter) zubereitete Essen schmecke, antwortete: „Schmeckt wie in der Schule!“ Ich wusste gar nicht, warum die Leute so betroffen drein schauten, als hätte ich meine Mutter bloßgestellt. Es war ein Kompliment!

Irgendwann werde ich mir einen Essenskübel kaufen, solange es sie noch gibt. Sie sind ein Relikt aus einer Zeit und einer Region, in der die Menschen noch intuitiv und aus (schmerzlicher!) täglicher Erfahrung wussten, dass man mit (Alu-)Geld nicht wirklich alles kaufen kann. Zurück wollte ich trotzdem nicht.

Ein Kommentar

  1. Da ich ja nicht in der DDR aufgewachsen bin, bin ich nicht ganz sicher, ob der Essenskübel ungefähr das gleiche ist wie der Henkelmann. Der Henkelmann ist im Übrigen ein nicht nur notleidendes, sondern nach meiner Wahrnehmung bereits ausgestorbenes Wort. Der Henkelmann war ein Essensthermobehälter zum Mitnehmen für eine Person. Als mein Bruder Lehrling war (Lehrling ist leider auch ausgestorben), hat meine Mutter morgens früh für ihn gekocht, damit er mittags auf der Arbeit etwas Warmes essen konnte.

Schreib einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Time limit is exhausted. Please reload the CAPTCHA.