selbdritt

Selbdritt ist ein Wort, das heute meines Wissens nur noch in der Sakral-Kunst verwendet wird, nicht mehr im Alltag. Ich selbst habe leider keine Erinnerung daran, dass meine Großeltern oder andere Verwandte dieses Wort jemals benutzt hätten.

Laut dem etymologischen Kluge-Wörterbuch (Walter de Gruyter, 2002) handelt es sich um ein Pronomen (Pron.), dass „zu dritt“ meint, wobei man sich selbst als letzter mitzählt. Es ist nah verwandt mit dem mir bisher noch unbekannteren

selbander Pron „zu zweit“ per. arch. (13. Jh.). Gemeint ist „so, daß ich selbst der andere = der zweite bin“. Ebenso selbdritt „zu dritt“ = er/sie selbst als dritte(r).

In meinem Duden von 1905 steht – ohne weitere Erklärung, derer es damals offenkundig noch nicht bedurfte:

selb…(dritt, fünft).

In der christlichen Ikonographie ist „Anna Selbdritt“ eine Bezeichnung für Gemälde oder figürliche Darstellungen, auf denen Jesus mit seiner Mutter Maria sowie deren Mutter, Anna (bzw. Heilige Anna), abgebildet ist – also die drei Generationen zu dritt. Oft hält die Heilige Anna, also die Großmutter von Jesus, die etwas größere Maria in der einen und den etwas kleineren Jesus in der anderen Hand. Der Größenunterschied diente eine Zeit lang in der Kunst dazu, den Altersunterschied zwischen Maria und Jesus zu verdeutlichen. Eine solche figürliche Darstellung findet sich an einem Altar, der seit 2019 wieder im Naumburger Dom zu besichtigen ist. Berühmter als diese ist sicher das Anna-Selbdritt-Gemälde von Leonardo da Vinci (Anna Metterza) im Louvre.

Jetzt fehlt mir „selbander“ oder „selbdritt“ nicht wirklich im Alltag. Was mir an diesen Formulierungen jedoch gefällt ist, dass es sich anhört, als würde man noch einmal kurz in die Runde zählen und sich selbst aus Höflichkeit als letztes mitzählen.

Wenn ich mich recht erinnere, habe ich „selbdritt“ das erste Mal vor Jahren im Gedicht „Zähle die Mandeln“ von Paul Celan gelesen. Auf Lyrikline kann man auch eine Aufzeichnung mit Celan selber hören.

Paul Celan: Zähle die Mandeln
(www.lyrikline.org)

Beitrag über den Altar im Naumburger Dom mit Bild
(meine-kirchenzeitung.de von 2019)

Erläuterung über das Gemälde Anna Metterza im Louvre
(www.art-inspector.de)