‚Famos‘ gehört eindeutig zu den notleidenden Wörtern der deutschen Sprache. Bedeutung: berühmt, berüchtigt; umgangssprachlich aber vor allem: fabelhaft, ausgezeichnet, großartig, toll.
Ich erinnere mich noch gut (wenn auch weichgezeichnet in den Kodakfarben meiner Kindheitserinnerungen) an ältere Leute, die bei relativ harmlosen Dingen beim gemeinsamen Kaffeetrinken plötzlich jäh ausriefen: „Das ist ja famos!“. Ich gestehe: Das fehlt mir. Ich meine die Entschlossenheit zur unterhaltsamen Übertreibung völlig harmloser Dinge im Zuge einer gepflegten Unterhaltung. Gewissermaßen aus Höflichkeit. Diese Art von harmloser Leichtigkeit scheint mir etwas verloren gegangen zu sein in den vergangenen, sagen wir vielleicht, zehn Jahren. Mir kommt es so vor, als habe sich die Gesprächskultur sehr gewandelt (vor allem im öffentlichen Raum).
Berühmt und berüchtigt zu sein ist heutzutage jedenfalls nicht wirklich mehr das, was mal als famos galt — vermute ich (ohne eine passende aktuelle Studie im Ärmel zu haben, die einer empirischen Probe standhalten könnte).
Nicht mal wenn man im Internet nach „famos“ in Verbindung mit Werbung sucht, findet man pfiffige Sachen. Je nach Suchmaschine (sagt man das noch?) bekommt man dann Treffer in allen möglichen Sprachen, die mich nur mäßig begeistern. Wahrscheinlich nur mein Problem. Was erwarte ich auch. Oder ich suche falsch. Kann natürlich auch sein.
Ich muss wohl zur Selbsthilfe schreiten. Zum Beispiel im Bioladen meines Vertrauens demnächst überrascht ausrufen: „Die Bio-Bananen sind ja perfekt geformt, nicht zu grün und nicht zu gelb und heute auch noch so günstig – das ist ja famos!“ Dann werde ich mich unauffällig umschauen, sehen was mir zurückgesendet wird und wahrscheinlich nach einem kurzen Räuspern den Laden verlassen.
So richtig Sorgen um das Wort famos muss man sich dennoch nicht machen. Wenn man auf dem wunderbaren Wortschatz-Portal der Uni Leipzig nach „famos“ sucht (wie ich es gerade getan habe), bekommt man noch jede Menge aktuelle Anwendungsbeispiele von sehr unterschiedlichen Websites. Besonders in Bezug auf Sport, genauer gesagt, Fußball, noch genauer gesagt, Bundesliga, scheint „famos“ noch gut unterwegs zu sein. Das lässt sich der zum Eintrag gehörenden Grafik entnehmen. Wenn ich genauer darüber nachdenke, überrascht das auch nicht: Denn gerade Fußball zeitigt ja nach wie vor eine Menge plötzlicher begeisterter (und wenig begeisterter) Ausrufe. Ich glaube, da fühlt sich „famos“ ganz zuhause.