Man müsste Klavier spielen können….

Wie gerne ginge ich mal wieder zu einem Liederabend – Gesang mit Pianoforte. In einem kleinen Salon mit Wandteppichen, kleinen Statuetten und ausladenden Palmen. Das wäre doch was! „Pianoforte“ klingt so gediegen. Obwohl es sich ja genau genommen um ein Klavier handelt. Bei Klavier ist man aber wahrscheinlich eher geneigt, an Klavierunterrichtsstunden und die dissonanten Übungskadenzen zu denken, die zu einem unfreiwillig aus einer fremden Wohnung ans Ohr dringen. Oder an Möbelumzüge mit Klavieren, die bereits jahrelang verstimmt in einer Ecke standen. Wunderschöne Erbstücke. Oder an Loriots wunderbaren wie peinsamen Sketch, in dem die Familie zum wiederholten Male mit minutiös geprobter Spontanität ihren Dankesgruß für das geschenkte Klavier auf Video aufnehmen möchte: „Ein Klavier, ein Klavier – Mutter, wir danken Dir.“ Dieser Sketch ist ganz vortrefflich, denn das Klavier scheint – leider – einen etwas gewollt oder ungewollt bürgerlichen Touch zu haben. Pianoforte (oder kurz Piano) hingegen den Glanz echter Klasse. Leute, die es ernst mit dem Instrumente meinen und öffentlich auftreten, nennen sich schließlich „Pianist“ und nicht „Klavierspieler“.

Mechanische Studien für Pianoforte
Mechanische Studien für Pianoforte – eine Auswahl unentbehrlicher Übungen.

Interessant ist die Entstehungsgeschichte der beiden Bezeichnungen. „Pianoforte“ heißt auf italienisch wörtlich „Leiselaut“. Es bezieht sich auf die Möglichkeit, durch die Funktionsweise dieses Instruments je nach Anschlag einen Ton in seiner Lautstärke variieren zu können, anders als beim Spinett. Somit wurde das Instrument nach seinem Alleinstellungsmerkmal seiner Entstehungszeit benannt.

Klavier mit Schutztuch
Ein Klavier. Genauer gesagt ein Pianoforte. Ein elektronisches Pianoforte. Ein E-Piano. Aber auch die stauben ein.

Klavier hingegen bezieht sich auf die Tatsache, dass es sich bei dem Instrument überhaupt um ein Tasteninstrument handelt. Wer mehr wissen möchte, kann sich zum Beispiel in Meyers Taschenlexikon Musik in 3 Bänden (Mannheim, 1984) weiter informieren. Dort steht zum Eintrag Klavier:

Klavier [frz.; zu Clavis], in ursprünglicher Bedeutung soviel wie Klaviatur, später Sammelbezeichnung für Tasteninstrumente; im 18. Jahrhundert besondere Bezeichnung für das Klaviachord. Seit 1800 ist Klavier die Bezeichnung für Tasteninstrumente, deren Saiten durch Hämmerchen (Hammer-Klavier) ansgeschlagen werden; wegen der Möglichkeit des Laut-Leise-Spiels werden diese auch Fortepiano oder Pianoforte (Kurzform Piano) genannt. Hier sind heute zwei Hauptformen zu unterscheiden: der Flügel und das Pianino, das seit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts auch als »Klavier« schlechthin gilt.

Ach, wenn man das auch selbst spielen könnte. Das wäre schön. Ich müsste nur noch etwas länger üben. An meinem E-Piano. Da kann man die Lautstärke sogar über einen Regler einstellen, so piano-forte ist das. Es ist der Hammer. Aber kein echtes Hammerklavier. Wegen der Nachbarn.

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